Das Spannungsfeld von Kapitalverwaltungsgesellschaften
bei der Vertretung von Anlegerinteressen in institutionellen Immobilienfonds
Jörg Homann, Geschäftsführer Institutional Investment Partners GmbH
Immobilien-Spezialfonds sind gefragt. Allein bei den offenen Immobilien-Spezialfonds hat sich das Netto-Vermögen in den letzten zehn Jahren mehr als verdreifacht. Kaum ein Marktsegment hat so beständig zulegen können. Fast ebenso deutlich ist ein anderer Trend in diesem Segment: Master- und Service-KVG werden immer häufiger mit der Verwaltung der Immobilienvermögen beauftragt. Nach Angaben des BVI wurden bei den offenen Immobilien-Spezialfonds, die ein Netto-Vermögen von 81 Milliarden Euro verwalten, vor fünf Jahren 7 Prozent des Vermögens von externen Gesellschaften verwaltet – heute sind es rund 28 Prozent.
Die grundsätzlichen Vorteile einer Master- oder Service-KVG-Lösung liegen auf der Hand. Nicht zuletzt die immer umfangreicheren aufsichtsrechtlichen Pflichten, aber auch die weiter wachsenden Anforderungen der Investoren selbst an Effizienz, Transparenz und Effektivität erfordern eine zunehmende Spezialisierung in der Wertschöpfungskette der Immobilieninvestments: Während sich der Asset Manager um die Auswahl der Immobilien und eben das Asset Management kümmert, übernimmt die Master- oder Service-KVG die Fondsadministration gemäß den aufsichtsrechtlichen Vorgaben und damit auch die entsprechenden Treuhand- und Kontrollfunktionen. Zu ihren Kernkompetenzen zählen die Auflage und Administration der Spezialfonds, das Risikomanagement, die Fondsbuchhaltung sowie das Berichts- und Meldewesen. Ein wesentlicher Faktor sind dabei die Skaleneffekte sowie die Leistungsausdifferenzierung durch die Bündelung diverser Immobilienvermögen auf einer Administrationsplattform.
Drei Konstellationen sind einschlägig, die jeweils unterschiedliche Vor- und Nachteile für die verschiedenen Beteiligten aufweisen: Die vom Investor direkt beauftragte Master-KVG, die vom Asset Manager beauftragte Service-KVG und die integrierte KVG des Asset Managers, die wiederum eine externe Service-KVG mit bestimmten Middle- und Back-Office-Leistungen beauftragt.
Formal legt die KVG den Fonds auf und verwaltet ihn, d.h. sie übernimmt mindestens das Portfolio- oder Risikomanagement für das Investmentvermögen. Insbesondere ist sie die rechtliche Eigentümerin der Immobilien und trägt gegenüber der Regulierungsbehörde die volle Verantwortung und Haftung. § 26 KAGB legt eindeutig fest, dass die KVG bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausschließlich im Interesse der Anleger zu handeln hat.
Die Unterschiede der drei Konstellationen und das besondere Spannungsfeld der KVG ergeben sich aus der jeweiligen Auftragsbeziehung. Die Beziehungen zwischen Asset Manager und Investor sowie KVG und Investor bzw. Asset Manager entsprechen der klassischen Principal-Agent-Theorie. Der „Principal“ beauftragt aufgrund von Zeit, Ressourcen- oder Kompetenzmangel den „Agent“, in diesem Fall mit dem Asset Management bzw. der Fondsverwaltung. Der Agent erhält dafür eine zu bestimmende Vergütung. Seine Handlungen beeinflussen unmittelbar die Interessen und den Erfolg des Principals. Dabei ergeben sich Risiken aus der Informationsasymmetrie zwischen Principal und Agent, insbesondere wenn dem Principal nicht alle Eigenschaften, Entscheidungsmotive, Informationen oder Handlungen des Agents bekannt sind, was in der Beziehung zwischen Asset Manager und Investor regelmäßig der Fall sein dürfte. Auch die KVG ist letztlich als Agent tätig. Die Frage ist, wer deren tatsächlicher Principal ist: Investor oder Asset Manager. Eine interessenkonfliktfreie Kontrollfunktion wird die KVG nur als Master-KVG, also mit dem Investor als einzigem Principal, ausüben können. So ist sie in der Lage, im Krisenfall quasi als Anwalt des Investors zu agieren und durchweg die besten Lösungen für ihren einzigen Prinzipal zu verfolgen. Größere Investoren wählen fast ausnahmslos diese individuelle Konstellation.
Insbesondere bei Mehr-Investoren-Fonds nach dem gängigen Branchenstandard, die von einem Asset Manager initiiert werden und der eine Service-KVG mit der formalen Auflage und Verwaltung betraut, können mitunter Vorteile im operativen Betrieb für den Asset Manager durch seine größere Nähe zur Service-KVG bestehen. Die KVG bewegt sich hier jedoch in einem Spannungsfeld zwischen ihrem rechtlichem Principal, dem Investor, und dem wirtschaftlichen Principal, dem Asset Manager.
Weitere operative Vorteile für den Asset Manager dürften in der dritten Konstellation zutage treten, in der der Asset Manager nicht nur Auftraggeber, sondern auch Eigentümer der KVG ist. In der Regel bedient sich dennoch die interne KVG zur Entlastung ihrer Organisation und Fokussierung auf Kernkompetenzen einer auf Insourcing-Leistungen spezialisierten Service-KVG, die sie mit der Übernahme wesentlicher Leistungen des Back- und Middle-Office beauftragt. Diese Konstellation legt den Fokus eindeutig auf die Effizienz der Organisation, was bspw. den Anlegern über die Fondsgebühren zugutekommen kann, erfordert von diesen jedoch ein Höchstmaß an Vertrauen in die Leistung des Asset Managers über die komplette Fondslaufzeit.